Drei Musiker der Band Nerven sitzen auf Bett und sind frontal zu sehen, über ihnen hängt Bild mit Vogel

Die Nerven

Foto
Lucia Berlanga
Text
Bjarne

Es gibt Bands, die fassen die richtigen Gedanken zur jeweiligen Zeit zusammen, wie keine andere. Das war für eine lange Zeit Tocotronic, bei denen ich jüngst mit dem Album „Nie wieder Krieg“ dachte, dass es der Soundtrack des Jahres 2022 sei - und das schon im Veröffentlichungsmonat Januar.

Diese Platte gab nicht nur die Geschichte des Jahres 2021 wieder, sondern schaffte es, in eine dunkle Zukunft zu schauen, die am 24. Februar 2022 über uns überkam und das Jahr bestimmte.


Die Band „Die Nerven“ hat mit ihrer gleichnamigen Platte es jedoch im Oktober 2022 geschafft, eine Stimmung aufzufahren, der es noch mehr gelingt, Menschen aus der Seele zu sprechen. Denn natürlich belastet uns in 2022 der Krieg, die daraus entstandenen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen sowie der zynische Kapitalismus, der sich bei einer mehr als überflüssigen Fußball-WM in Katar zeigte, aber es scheint ja nur die bittersüße Kirsche auf einer Torte der Unausstehlichkeiten zu sein, die sich im Laufe des letzten Jahrzehnts über uns schob und den Alltag bestimmte. Flüchtlingskrise, Umweltkrise, rassistische Anschläge in Hanau und Halle, Aufmarsch rechter Idiot*innen vor dem Reichstagsgebäude - und das sind nur die Dinge, die mir in ein paar Sekunden eingefallen sind. All dies prasselte auf uns ein, ohne wirklich Zeit zu haben, um damit zu lernen umzugehen. So verstecken sich Menschen in der schönen, bunten Social-Media-Welt oder hoffen, in 15 Sekunden Rausch all das Belastende zu vergessen. Es hilft aber nichts, wir müssen lernen damit umzugehen - und uns zu wehren.

Genau das spricht die Band aus - in Gesang und Instrumentierung, aber auch mit Attitüde und Stimmung, die in 2022 ihres Gleichen sucht. EUROPA und ICH STERBE JEDEN TAG IN DEUTSCHLAND sind Beginn einer Platte voller Wut und Rage, die Song für Song eine Gesellschaft in Zwiespalt aufzeigt und einzelne Problemlagen seziert. Am Ende ist man zwar geschafft, aber nicht verzweifelt. Dieses Album zeigt auf, was im Argen liegt und was angegangen werden muss - was aber eben auch geschafft werden kann. Die Nerven schaffen es, dass wir gemeinsam uns all dem Negativen bewusst werden, es herausschreien und gestärkt mit viel neuer Energie auf die Zukunft schauen - auf der Platte wie auch live.

Daher lasst uns gemeinsam mit den Nerven in das Immergut Wochenende starten - alles Negative herausschreien und danach immergute Energie aufnehmen.